News

© Leibniz-Institut (IPK)
IPK-Wissenschaftler erstmals am Saatguttresor auf Spitzbergen

Andreas Börner, Ulrike Lohwasser und Manuela Nagel haben erstmals Samenproben aus Gatersleben persönlich auf Spitzbergen abgegeben.

Acht Mal bereits hat das IPK Samenproben aus seiner Genbank in den Svalbard Global Seed Vault geschickt, den Saatguttresor auf Spitzbergen. Mehr als 54.000 Proben aus Gatersleben wurden seit der Eröffnung der Anlage 2008 tief im Permafrost eingelagert. Die neunte Lieferung ist für Andreas Börner, Ulrike Lohwasser und Manuela Nagel nun jedoch eine ganz besondere gewesen: Erstmals waren die drei Wissenschaftler selbst vor Ort und konnten ihre Proben persönlich abgeben. Und das auch noch zu einem feierlichen Anlass. Der Tresor in Longyearbyen wurde nach rund zweijährigen Reparaturarbeiten am 25. Februar feierlich wiedereröffnet. 36 Institutionen aus der ganzen Welt, vor allem Genbanken, hatten dazu insgesamt 60.000 neue Samenproben als Duplikate geschickt. „Ich bin schon lange im Geschäft, aber das war eine Veranstaltung, die mich wirklich beeindruckt hat“, berichtet Andreas Börner, Arbeitsgruppen- und Bereichsleiter in der Abteilung Genbank am IPK, nach der Rückkehr. Die 36 Institutionen wurden am Eingang des Tresors einzeln aufgerufen und übergaben danach symbolisch eine Kiste mit ihren Proben. „Vor uns waren Kollegen aus England dran, nach uns Kollegen aus der Mongolei“, erklärt Börner die Zeremonie, an der unter anderem auch die norwegische Premierministerin Erna Solberg teilgenommen hat. Insgesamt umfasste die jüngste Lieferung des IPK 5.300 Proben, darunter Gerste, Salat und Erbse. Die Samen werden im Vorfeld unter Vakuum in Aluminiumtüten eingeschweißt und anschließend in Kunststoffkisten gepackt, um sie im Permafrost für die Nachwelt und die Wissenschaft zu erhalten.Der Tresor besteht aus einem 120 Meter langen Tunnel, an dessen Ende es drei Lagerräume gibt. Dort werden die Samenproben bei minus 18 Grad eingelagert. Bei dieser Temperatur bleibt die Keimfähigkeit der Proben teils für mehrere Jahrzehnte erhalten. „Die Lagerräume müssen allerdingsheruntergekühlt werden“, erklärt Ulrike Lohwasser. „Normalerweise beträgt die Temperatur im Permafrost nur minus vier Grad.“ Dafür gibt es aber ausreichend Platz. „Im Svalbard Global Seed Vault lagern inzwischen zwar mehr als eine Million Proben, die Kapazität aber liegt bei 4,5 Millionen“, sagt Andreas Börner. Angesichts der mehr als sieben Millionen Muster, die weltweit in Genbanken liegen, ist der Anteil, der sich in Spitzbergen befindet, aber noch immer gering. „Das ist nur ein Bruchteil.“ Der Wert des Tresors, den einige auch als Arche Noah der Pflanzen bezeichnen, hat sich bereits vor einigen Jahren gezeigt. So wurde die Genbank in Aleppo während des Bürgerkrieges in Syrien massiv in Mitleidenschaft gezogen. Die zuvor in Spitzbergen eingelagerten Samen konnten dann jedoch für den Aufbau zwei neuer Genbanken in Marokko und im Libanon genutzt werden. Manuela Nagel nimmt aus Spitzbergen neben vielen Emotionen vor allem auch weitere Motivation für ihre Arbeit mit. „Inmitten von eisigen Temperaturen, Kerzenschein und den andächtigen Klängen eines Chores, war es für mich ein sehr ergreifender Moment, die Einlagerung von genetischen Ressourcen zu sehen, die über tausende Jahre der Menschheitsgeschichte entstanden sind“, erzählt die Wissenschaftlerin. „Mir ist erneut bewusst geworden, welchen Wert unsere Arbeit besitzt und wie wichtig die Lagerung, aber auch die Nutzung der Ressourcen für die Zukunft ist.“ Ähnlich sieht es Ulrike Lohwasser. „Wir leisten damit einen Beitrag zur Ernährung der Menschheit und zum Erhalt der Artenvielfalt.“ Auch Andreas Börner blickt bereits nach vorne. So startete auf Spitzbergen auch ein Lagerversuch, an dem insgesamt sechs Genbanken involviert sind und der sich über 100 Jahre erstrecken soll. Speziell eingelagerte Samen sollen nicht nur alle zehn Jahre auf ihre Keimfähigkeit hin geprüft werden, sondern werden auch in Flüssigstickstoff bei minus 196 Grad am IPK eingelagert. Ziel ist es mittelsweiterführender Untersuchungen, den Ursachen des Verlustes der Keimfähigkeit auf die Spur zu kommen.