News

© Leibniz-Institut (IPK)
Der Schweizer Maler Christoph Hänsli steht vor einem Regal in der Ährensammlung.
Schweizer Maler Hänsli: Auf Motivsuche in der Ährensammlung

Er malt Biergläser, Wurstscheiben und Klingelknöpfe. Und war im Juli 2020 auch am IPK Gatersleben zwei Tage auf Motivsuche: der Schweizer Künstler Christoph Hänsli. Umgeschaut hat er sich unter anderem in der Genbank, in der Ährensammlung, im Herbarium und bei der Phänotypisierung.

Hat Christoph Hänsli ein Motiv ausgemacht, so geht das oft in Serie. So hat er das Bierglas gleich 30 Mal gemalt. Immer anders. Mit viel Schaum, mit wenig Schaum, voll und halbleer, mit hellem oder dunklem Hintergrund. „Natürlich ist das Portrait eines einzelnen Glases langweilig. Ich habe die Serie gemalt, um zu zeigen, nichts ist im Leben ein Einzelfall“, erklärt Hänsli. Auch nicht eine Scheibe Wurst. Für eines seiner bekanntesten Werke hat der Schweizer eine gesamte Wurst aufgeschnitten, 166 Scheiben Mortadella. Und die hat er dann gemalt, jede Scheibe einzeln und von beiden Seiten. „Daran habe ich 1 ½ Jahre gesessen“, sagt der Maler aus Zürich.

Wichtig ist ihm die Zeitschiene. „Ich arbeite und wir leben alle in der Gegenwart. Und da befinden wir uns an der Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft.“ So besuchte Hänsli 2015 in der Nähe von Kassel eine der weltgrößten Untertagedeponien der Welt, 500 Meter unter der Erde. Dort wird heute Giftmüll eingelagert. Von jeder Sorte kommt eine Probe in ein Glas, verschlossen mit einem schwarzen Plastikdeckel und versehen mit einem Etikett. Das war das Motiv für den Künstler, das er ebenfalls 30 Mal malte. „Die Malerei ist für mich ein Konservierungsprozess, insofern bot sich dieses Archiv der Giftstoffe als Motiv an.“

Neben den vielen Alltagsmotiven und dem Arbeiten in Serien ist die Ordnung (oder Unordnung) des Menschen ein weiter Punkt, der für Hänsli eine große Rolle spielt. Mehrfach malte er Regale voll mit Kisten, mal gut einsortiert, mal wird übereinandergestapelt. „Bilder des Archivierens hatte ich auch im Kopf, als ich auf das IPK mit seiner Genbank gekommen bin“, sagt der Künstler aus Zürich. Dafür den Anstoß gab eine Fernsehsendung über den Saatguttresor Global Seed Vault auf Spitzbergen, in den auch das IPK regelmäßig Muster einlagert.

Genaue Vorstellungen von den Bildern, die nach dem Besuch am IPK entstehen könnten, hat der Schweizer aber noch nicht. „Ich gehe nie von konkreten Vorstellungen aus, sondern lasse mich eher von meinen Eindrücken und Emotionen leiten.“ Keinesfalls möchte er sich bei seiner Malerei unter Druck setzen lassen. „Deshalb weiß auch nicht einmal mein Galerist von meinem Besuch am IPK.“

Ausgangspunkt für seine Bilder sind übrigens meist Fotos. „Die sind für mich oft eine Art Skizzen.“ Das daraus dann später Bilder entstehen, sieht der Betrachter meist erst auf den zweiten Blick, so genau malt der die Fotos nach. Dabei habe er die Mortadella-Scheiben eigentlich abstrakt gemalt und auf zwei Farben reduziert. „Nur das Pfefferkorn ist naturalistisch.“