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© Leibniz-Institut (IPK)
IPK erstellt Atlas der Wurzeldiversität für 17 Kulturpflanzenarten

Ziel eines neuen Versuches, der Ende August mit Hilfe des Rhizotronsystems in der Pflanzenkulturhalle des IPK begonnen hat, ist die Erstellung eines Diversitätsatlas der Wurzeln wichtiger Pflanzen wie Gerste, Weizen, Mais und Raps. Warum dafür 360 Pflanzen erforderlich sind, wie das Experiment abläuft und warum die Wurzeln eine so große Bedeutung haben, erläutert Prof. Dr. Thomas Altmann, Leiter der Abteilung Molekulare Genetik, im Interview.

  • Das IPK startet derzeit einen Versuch, in dem die Wurzelsysteme von insgesamt 17 Pflanzenarten über mehrere Wochen genau beobachtet und untersucht werden. Welche Pflanzen haben Sie für das Experiment ausgesucht, und worum geht es genau?

Wir haben vor allem Pflanzen ausgesucht, die weltweit von großer Bedeutung sind und die auch am IPK sehr intensiv untersucht werden, darunter Weizen und Gerste. Wir schauen uns allerdings auch Pflanzen an, die in Zukunft möglicherweise eine größere Rolle spielen könnten. Dabei konzentrieren wir uns auf zwei Aspekte: die Architektur des Wurzelsystems und die Dynamik der Wurzelentwicklung.   

  • Sie berücksichtigen von allen Pflanzenarten gleich mehrere Genotypen. In einigen Fällen wie Mais sind es sechs, bei Tomate und Kartoffel immerhin jeweils drei Genotypen. Da von jedem Genotyp fünf Pflanzen berücksichtigt werden, kommen sie insgesamt auf 360. Warum dieser Aufwand?

Die Architektur des Wurzelsystems ist sehr komplex und sie ergibt sich aus der Kombination verschiedener Eigenschaften. Es geht um Faktoren wie die Länge und die Dicke von Wurzeln, die Anzahl und Anordnung von Verzweigungen und die Ausrichtung verschiedener Teile der Wurzel. Unser Ziel ist es, einen möglichst guten Eindruck von der Vielfalt der Wurzelsysteme zu gewinnen. Das heißt, es geht nicht nur darum, Unterschiede zwischen den Pflanzenarten aufzuzeigen, sondern auch die Variationsbreite innerhalb einer Art zu beleuchten. Und dafür müssen wir den entsprechenden Aufwand betreiben.

  • Die Wurzel wird oft als „hidden half“, als versteckte Hälfte, der Pflanze bezeichnet. Warum ist sie dennoch von zentraler Bedeutung?

Zum einen sorgt die Wurzel für die Verankerung der Pflanze im Boden und damit für die erforderliche Standfestigkeit. Zum anderen nehmen bis auf sehr wenige Ausnahmen alle Pflanzen über die Wurzel das Wasser und die erforderlichen mineralischen Nährstoffe auf. Und für alle diese Funktionen spielt die Wurzelarchitektur eine entscheidende Rolle.

  • Wie läuft das Experiment ganz konkret ab?

Damit wir nach der Aussaat die Dynamik der Wurzelentwicklung genau und lückenlos nachvollziehen können, werden von den 360 Pflanzen täglich Aufnahmen gemacht. Das läuft vollautomatisiert mit Hilfe des kürzlich installierten Rhizotronsystems in der Pflanzenkulturhalle ab und ist in dieser Form für uns Neuland. Wichtig ist dabei nicht nur die große Zahl an Aufnahmen, die wiederholt von allen Pflanzen gemacht werden können, sondern auch dass über eine automatisierte Bildauswertung subjektive menschliche Einschätzungen von Merkmalen unterbleiben und objektive Daten erhoben werden.

  • Umweltfaktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Helligkeit können in der Pflanzenkulturhalle ja genau eingestellt und reguliert werden. Welchen Bedingungen werden die Pflanzen ausgesetzt?

Wir haben uns für Bedingungen entschieden, wie sie an einem Tag im späten Frühjahr vorherrschen könnten. In dieser Zeit durchlaufen viele Pflanzen ihre „Jugendphase“, die durch ein sehr schnelles Wachstum gekennzeichnet ist. Für die Wachstumsbedingungen bedeutet ganz konkret: Die Temperaturen schwanken zwischen 13 Grad in der Nacht und 18 Grad am Tag. Die Luftfeuchtigkeit pendelt jeweils zwischen 80 und 50 Prozent. Tag und Nacht dauern jeweils 12 Stunden. Angelegt ist das Experiment auf vier bis sechs Wochen, wir müssen hier einfach sehen, wie schnell sich die Wurzelentwicklung bei den verschiedenen Arten vollzieht.

  • Sie betreiben aber nicht nur bei den Pflanzen einen hohen Aufwand, sondern auch beim Personal.

Ja, das stimmt! An dem Experiment zum „Wurzeldiversitätsatlas“ sind rund 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus zehn Arbeitsgruppen sowie 15 technische und gärtnerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unmittelbar beteiligt.