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IPK Leibniz-Institut
Jeanne Wilbrandt (3.v.r.) mit einem Teil ihrer Workshop-Gruppe am IPK
Workshop mit „Espresso Shot“

Jeanne Wilbrandt vom Leibniz-Institut für Alternsforschung ist eine der ersten Data Stewards in der Leibniz-Gemeinschaft und arbeitet in zahlreichen Initiativen mit. Am IPK hat sie kürzlich ein neues, interaktives Training angeboten.

Was muss ein Data Steward können?
Als Data Steward muss man übersetzen und Brücken bauen, vor allem zwischen Forschung und IT. Man braucht auch eine gute Portion Idealismus und eine hohe Frustrationstoleranz: Es ist nicht nur so, dass ich die Position des Data Stewards noch häufig erklären muss, sondern es gibt auch eine gewisse, sagen wir, Resistenz.

Wie äußert sich das?
Einige Forscherinnen und Forscher wollen ihre bekannten und daher bequemen Arbeitsweisen nicht verändern. Das ist aber - und war schon immer - ein Problem, denn Forschung muss replizierbar und nachnutzbar sein. Das geht nur durch gutes Forschungsdatenmanagement, kurz FDM. Das Thema wird in Zukunft immer wichtiger, auch in der Pflanzenforschung wie am IPK.

Und was treibt Dich bei der Arbeit an?
Mein Antrieb ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu helfen, besser und effizienter zu arbeiten und so mehr herauszuholen aus den vielen Daten, die uns vorliegen. Die Erstellung guter Datensätze ist so aufwändig, da sollte man im Anschluss diese Daten auch bestmöglich nutzen können. Ich verstehe mich dabei als Helferin, nicht als Kontrollinstanz.

Stimmt es, dass viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur an die Daten denken, die sie für ihr nächstes „Paper“ brauchen und den Rest links liegen lassen?
Noch schlimmer! Häufig sind sogar schon die Daten für die Veröffentlichung schlecht aufbereitet. Letztlich geht es immer darum, dass die Daten für eine optimale Nachnutzung erfasst, aufbereitet und archiviert werden. Oft versteht man selbst nach sechs Monaten schon nicht mehr genau, was abgelaufen ist. Umso mehr gilt das für die Forscherin oder den Forscher, der erst in zehn Jahren mit den Daten weiterarbeiten will. Häufig scheitert es schon an Kleinigkeiten wie den Abkürzungen für die Spalten in einer Tabelle, die nicht allgemein verständlich sind.

Das heißt, es gilt noch viel Aufklärung- und Überzeugungsarbeit zu leisten.
Ja, der Kulturwandel braucht wirklich noch einige Zeit. Und manchmal müssen die Menschen erst selbst schmerzhafte Erfahrungen sammeln, bevor die Einsicht reift. Wer einmal selbst Daten nutzen möchte, dann jedoch merkt, dass sie nicht gut genug aufbereitet sind, der schaut danach vermutlich anders auf das Thema Datenmanagement.

Warum sind solche Schulungen wie am IPK für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wichtig?
FDM ist und war immer ein integraler Bestandteil von Forschung. Nur wissen das nicht alle, weil ihnen nicht klar ist, dass es ein eigenständiges Thema ist. Bei einer Schulung wie zuletzt am IPK geht es nicht nur darum, die entsprechenden Kenntnisse im Umgang mit Daten zu vermitteln, sondern vor allem das Bewusstsein der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für diesen Bereich zu schärfen.  

Deine Botschaften vermittelst Du mit griffigen Merksätzen und bietest Lektionen als längere „Coffee lectures“ und kurze „Espresso Shots“ an. Was ist der Gedanke dahinter?
Grundsätzlich haben ja alle wenig Zeit. Es geht also darum, dass Wissen in kleinen Häppchen zu präsentieren, die leicht verdaulich sind. Eine „Coffee Lecture“ dauert deshalb auch nur rund 30 Minuten. Der „Espresso Shot“ ist sogar noch kürzer, weil ich darin nur einen Punkt ganz praxisnah vorstelle. Danach sollen die Leute sofort das neue Wissen anwenden können.

Du illustrierst dann „Coffee Lectures“ mit Kaffeeflecken, arbeitest mit Comics oder auch interaktiven Kartenspielen. Warum dieser Aufwand?
Es hilft, die Dinge auf ganz verschiedene Weise und mit Humor zu erklären. Aber es stimmt, Visualisierung ist eines meiner Steckenpferde. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass schöne, passende Illustrationen viel besser hängenbleiben. Man erinnert sich auch besser an Dinge, die mit Emotionen verknüpft sind – da setze ich auf Freude. Ich versuche, mich bei den Folien immer auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Präsentationen von vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind einfach total überladen. Da fehlt oft das Verständnis oder die Zeit, den Unterschieden zwischen den Kommunikationsformen Paper und Präsentation Rechnung zu tragen.  

Welche Reaktionen hast Du nach Deiner Schulung am IPK bekommen?
Die Rückmeldungen der sieben Doktoranden und Postdocs waren durchweg sehr positiv, was mich sehr gefreut hat, schließlich habe ich das Training in dieser Form das erste Mal in einer Präsenzveranstaltung gehalten. Und ich habe auch etwas gelernt…

… wir sind gespannt!
Ich muss die Aufgaben an einigen Stellen tatsächlich besser erklären. Zu prägnante Formulierungen überfordern manche Leute, vor allem, wenn sie eine so klare und direkte Ansprache nicht gewohnt sind. Ähnlich ist es mit der Interaktivität, viele sind das nicht gewohnt, weil Workshops zu häufig eigentlich Vorlesungen sind. Mein Ansatz ist aber „weniger lehren, mehr lernen“, das heißt, ich versuche den Teilnehmenden den Raum zu geben, sich das Wissen selbst zu erarbeiten. Da heißt es dann mehrmals am Tag: „Auf zur Pinnwand!“

Und was ist die eine zentrale Botschaft, die Deine Schulungsgruppe auf jeden Fall mit nach Hause nehmen sollte?
Gutes Datenmanagement ist eine Daueraufgabe, aber jeder Schritt in die richtige Richtung ist wertvoll!

Wo stehen wir dem Forschungsdatenmanagement in Deutschland? Und wird in wenigen Jahren jedes Institut einen Data Steward haben?
Länder wie die USA, aber auch die Niederlande sind uns in der Entwicklung um einige Jahre voraus. Dort gibt es die Position des Data Stewards schon viel länger.

Und ja, ich denke viele Forschungseinrichtungen in Deutschland werden in Zukunft Data Stewards haben. Das macht auch Sinn. Es ist einfach viel effizienter, als wenn sich jede Arbeitsgruppe das Wissen - wie zum Beispiel ein guter Datenmanagementplan aussieht - allein aneignen muss. Wir können da in vielen Fällen eine gute Starthilfe geben und damit auch die Chancen auf Drittmittel verbessern. Ich bin mir aber auch sicher, dass auch von Seiten der Fördermittelgeber künftig höhere Anforderungen an das Forschungsdatenmanagement gestellt werden, inklusive der Beschäftigung von Data Stewards. Auch bei Evaluationen dürfte künftig stärker auf diesen Bereich geschaut werden.