News

IPK Leibniz-Institut/ A. Bähring
Das IPK Leibniz-Institut arbeitet auch mit Methoden des Genome-Editing.
IPK begrüßt Initiative der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat heute in Brüssel ihre Gesetzesinitiative zur Regulierung sogenannten Neuer Genomischer Techniken (NGT) in der Pflanzenforschung und -züchtung vorgestellt. Dem war ein mehrjähriger Prozess vorausgegangen, in dem die Kommission festgestellt hat, dass der bisherige gesetzliche Rahmen für gentechnisch veränderte Pflanzen nicht geeignet ist, NGT zu regulieren. Das IPK begrüßt die Initiative ausdrücklich.

„Wir begrüßen den Entwurf der Kommission ausdrücklich. Die Kommission hat viele Empfehlungen aus der Wissenschaft aufgenommen, wie sie beispielsweise die Leopoldina in ihrer Stellungnahme zur Reform des Gentechnikrechts schon 2019 formuliert hat“, erläutert Prof. Dr. Nicolaus von Wirén, Leiter der Abteilung Pflanzenphysiologie und Zellbiologie am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben.

Die EU-Kommission hatte den NGT bereits im Jahr 2021 ein großes Potenzial für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele des „Green Deal“ bescheinigt. Der jetzigen Gesetzesinitiative zufolge soll es künftig zwei Kategorien für Pflanzen geben, die unter Anwendung der Neuen Genomischen Techniken entstanden sind. Kategorie 1 gilt für Pflanzen mit genetischen Veränderungen (Mutationen), wie sie auch auf spontane Weise oder durch herkömmliche Züchtungsmethoden entstehen könnten. Diese Pflanzen sollen nach der Anzeige bei den zuständigen nationalen Behörden genauso behandelt werden wie auch konventionell gezüchtete Pflanzen. Pflanzen mit komplexeren Veränderungen fallen in Kategorie 2. Dafür ist nunmehr eine Regulierung vorgesehen, die sich an der bisherigen Gentechnik-Regulierung orientiert. Eine Ausnahme bilden Herbizid-Toleranzen, die grundsätzlich unter die bestehende Gentechnikrichtlinie fallen. Auch Pflanzen, in die Gene aus fremden Arten übertragen wurden, sogenannte transgene Pflanzen, fallen weiter unter die bisherige Gentechnikregulierung.

„Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Äquivalenzkriterien für Genom-editierte Pflanzen spiegeln ziemlich genau solche Mutationen wider, wie sie auch ohne Zutun des Menschen oder in konventionell gezüchteten Pflanzen vorkommen“, erklärt Prof. Dr. Nicolaus von Wirén. „Den vorgeschlagenen Zulassungskriterien liegt dabei die langjährige Erfahrung und Erkenntnis aus wissenschaftlichen Untersuchungen zugrunde, dass von solchen Mutationen kein erhöhtes Risiko für Mensch und Umwelt ausgeht.“ Zudem unterliege jede neue Sorte weiter der gesetzlich geregelten Sortenprüfung und -zulassung.

Schon seit Jahrzehnten sind Methoden der genetischen Veränderung von Kulturpflanzen, die Mutagenese durch Bestrahlung oder Chemikalien, von der Regulierung und Kennzeichnung nach Gentechnikrecht ausgenommen, obwohl auch Produkte dieser Techniken nach EU-Recht als gentechnisch verändert gelten. „Es ist deshalb konsequent, dass im Vorschlag der EU-Kommission Pflanzen mit vergleichbaren genetischen Veränderungen, die mittels NGT erreicht wurden, genauso behandelt werden, wie Pflanzen, deren Entstehung auf diesen herkömmlichen Mutagenese-Verfahren beruht“, erläutert Dr. Jochen Kumlehn, Leiter der Arbeitsgruppe Pflanzliche Reproduktionsbiologie. „Gleiche Pflanzen würden demnach gleich reguliert. Im vorliegenden Entwurf wird zudem klargestellt, dass die gerichtete Mutagenese mittels NGT sogar ein geringeres Risiko birgt, da man die entstehenden Veränderungen im Gegensatz zu den ungerichteten Mutagenese-Verfahren grundsätzlich kennt und daher viel besser beurteilen kann.“

Prof. Dr. Nicolaus von Wirén weist darüber hinaus auf zwei große Vorteile der NGT hin. „Mit diesen Techniken können wir deutlich präziser arbeiten. Und dadurch, dass Rückkreuzungen entfallen, lässt sich der Zeitbedarf für die Züchtung erheblich verkürzen“, erläutert der Agrarbiologe. „Das ist wichtig, weil es jetzt vor allem um die schnelle Anpassung der Kulturpflanzen an das sich verändernde Klima und den verringerten Einsatz von Agrochemikalien geht.“

Der IPK-Wissenschaftler hofft auch deshalb, dass die Positionierung der EU-Kommission nun eine Signalwirkung für die weiteren Beratungen im EU-Parlament und im Ministerrat hat. „Ich bin zudem sehr erfreut, dass sich Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger klar zu diesem Thema positioniert hat und die Genom-Editierung bei Kulturpflanzen befürwortet. Ich hoffe, dass sich diese Position auch in der Bundesregierung durchsetzt.“

Hier ist der offizielle Entwurf der EU-Kommission:
https://food.ec.europa.eu/plants/genetically-modified-organisms/new-techniques-biotechnology_en

Zur Stellungnahme (engl.) des G6-Netzwerkes (Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft u.a.) geht es hier.