Koloss ebnet IPK den Weg

Koloss ebnet IPK den Weg

Was für ein Koloss! 3,5 Tonnen bringt die alte Straßenbauwalze auf die Waage, die nicht nur sehr eng mit der Geschichte des IPK verbunden ist, sondern auch mit dem Ort Gatersleben. Umso erstaunlicher, dass sie fast in Vergessenheit geraten war. 

„Gerhard Steinborn, lange Zeit Wissenschaftler am IPK, hat die Walze vor rund sechs Jahren in einem Waldstück direkt hinter den Versuchsfeldern wiederentdeckt“, erzählt Ortschronist Andreas Czihal. „Sie stand dort völlig verlassen und war komplett zugewachsen.“

Ein erstes Comeback des Arbeitsgerätes, das vermutlich aus der Zeit um 1900 stammt, gab es bereits vor einiger Zeit: „Die Walze wird inzwischen wieder genutzt - sei es zum Planieren wassergebundener Feldwege im Frühjahr, sei es zum Verfestigen der Wege nach Ausbesserungsarbeiten“, erklärt Peter Schreiber, Leiter der Arbeitsgruppe „Versuchsfeld und Gärtnerei“ am IPK. Und dann kam die Idee auf, die Walze dauerhaft wieder für alle sichtbar zu machen. „Da es sich um ein imposantes, historisches Arbeitsgerät handelt, haben wir auf dem Campus lange nach an einer geeigneten Stelle gesucht und uns am Ende für das Areal am Obstgarten entschieden.“ Andreas Czihal freut das sehr. „Die Walze ist das vermutlich älteste, noch vorhandene Arbeitsgerät am Institut, und ich bin mir sicher, dass sich viele Museen die Finger nach so einem Ausstellungsstück lecken würden.“

Der Ortschronist vermutet, dass die alte Walze aus dem Bestand der Domäne Gatersleben stammt. „Der Pächter der Domäne hat die Zuckerfabrik in der Nähe des Bahnhofs gegründet und hatte großes Interesse an guten Wegen und Straßen, damit möglichst viele Rüben in die Fabrik gebracht werden konnten“, erzählt Andreas Czihal. Hans Stubbe, Gründungsdirektor des heutigen IPK, hat die Walze vermutlich im Bestand der Domäne entdeckt, der Keimzelle des heutigen Institutes in Gatersleben. Die Walze aus rötlichem Granit wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zur Verfestigung des Baugrundes und für den Bau von Wegen auf dem heutigen Institutsgelände genutzt. „Das älteste Dokument, das ihren Einsatz belegt, ist ein Foto aus den 1960er Jahren, auf dem die Walze zwischen zwei Gewächshäusern zu sehen ist.“ 

Das Fahrgestell der alten Walze besteht aus einem zweiseitigen Wechselstahlrahmen mit Zugdeichseln in beide Richtungen. „Das hat den Vorteil, dass die Walze nicht gewendet werden muss, sondern früher einfach nur die Pferde umgespannt werden mussten, was einfacher war“, sagt Andreas Czihal. Ursprünglich bestand das Fahrgestell vermutlich aus einer Holzkonstruktion. Der Walzkörper ist 1,12 Meter breit und hat einen Radius von 60 Zentimetern. Die Herkunft des Granits ist jedoch ebenso wenig bekannt wie der Hersteller des Arbeitsgerätes. 

Andreas Czihal selbst, der 1974 Mitarbeiter am Institut wurde, hat die Walze übrigens nie auf dem Gelände gesehen. Um so größer war die Freude, als Gerhard Steinborn sie durch Zufall entdeckte. „Ich hatte mich damals sofort in das historische Gerät verliebt“ sagt der Ortschronist. „Und natürlich freue ich mich sehr, wenn sie jetzt ein zweites Mal aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt wird.“    

 

Infobox:

Übrigens, die erste dokumentierte Straßenwalze - mit 1,5 Tonnen um einiges leichter als die Gaterslebener Walze - stammt aus dem Jahr 1725 und hatte einen Eisenkörper. Diese geht auf eine Erfindung von Jacob Leupold zurück. Erst 1825, also 100 Jahre nach der Erfindung, wurde die erste eiserne Walze in Preußen offiziell eingeführt.

Von Zugtieren betriebenen Straßenwalzen mit einem schweren Walzenkörper, der über eine Achse lief und von mehreren Tieren gezogen wurde, waren aus Metall oder Stein gefertigt. Der zylindrische Körper wurde an Holz- oder Metallrahmen befestigt, an denen die Zugtiere angespannt waren. Manchmal wurden zusätzliche Gewichte auf die Walze gelegt, um so die Effektivität zu erhöhen. 

Mit der Erfindung der Dampfwalze durch Thomas Aveling und andere im 19. Jahrhundert begann der Übergang von tierisch zu mechanisch betriebenen Walzen. Die Dampfwalzen boten viele Vorteile, darunter eine größere und gleichmäßigere Verdichtungskraft und die Unabhängigkeit von der physischen Ausdauer der Tiere.

Bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. gab es erste gepflasterte Straßen, vor allem im antiken Mesopotamien. Ob für den Bau auch Walzen genutzt wurden, ist nicht überliefert.