Theodor Roemer

Theodor Roemer (1883–1951)

Theodor Roemer gilt zusammen mit Albrecht Daniel Thaer (1752–1828) und Julius Kühn (1825–1910) als herausragender deutscher Agrarwissenschaftler. Er war mit wenigen Unterbrechungen von 1919 bis 1951 Hochschullehrer und Wissenschaftler an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Halle und Direktor des Instituts für Acker- und Pflanzenbau. Zu seinen Verdiensten gehört u.a. die Züchtung von 23 neuen Getreidesorten und die Bildung der „Versuchsringe“, etwa 700 Stationen für Düngungs-, Bodenbearbeitungs- und Sortenversuche. Die Idee wurde nach 1945 in Form der landwirtschaftlichen „Beratungsringe“wiederbelebt.

Geboren wurde Theodor Roemer am 20.11.1883 als Pfarrersohn in Pfrondorf bei Tübingen. Nach dem Landwirtschaftsstudium von 1904 bis 1907 in Hohenheim und Breslau arbeitet er ab 1908 am Landwirtschaftlichen Institut der Universität Jena, wo er 1910 promoviert. Nach der Promotion ging Roemer im Auftrag des Reichskolonialamtes nach Deutsch-Ostafrika. Als Sachverständiger für Landwirtschaft gründete er dort unter anderem eine Baumwollzuchtstation. Ab 1914 ist er vier Jahre Abteilungsvorsteher für Pflanzenzüchtung am Kaiser-Wilhelm-Institut für Landwirtschaft in Brombergund kurzzeitig Soldat im Ersten Weltkrieg.

Nach Kriegsende übernimmt er eine Tätigkeit als Saatzuchtleiter in Schlanstedt bei Halberstadt. 1919 erhält er den Ruf auf den Lehrstuhl für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Halle. In den 1920er Jahren unternimmt Theodor Roemer zu Studien, aber auch als Gutachter und Referent zahlreiche Reisen – u.a. in die Sowjetunion, die USA, nach Schweden, Rumänien, die Niederlande und die Türkei.

Roemers Forschungsschwerpunkt in Halle war die Pflanzenzüchtung von Getreiden. Die Arbeiten aus seinem Institut waren richtungsweisend für die Resistenz- und die Qualitätszüchtung von Weizen. In Zusammenarbeit mit mehreren seiner Mitarbeiter konnte er nachweisen, dass die Backqualität des Weizens in hohem Maße genetisch bedingt ist. Unter der Ägide Theodor Roemers wurden in Halle 23 neue Getreidesorten mit einer hoher Ertragsleistung, hoher Resistenz gegenüber Krankheiten und guter Backqualität gezüchtet. Die von Roemer begründete Hallesche Schule der Pflanzenzüchtung besaß ein hohes internationales Ansehen.

Trotz seiner Vorliebe für die Pflanzenzüchtung fühlte sich Roemer stets zuständig für das Gesamtgebiet des Acker- und Pflanzenbaus. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dem Feldversuchswesen. Auch in den schwierigen Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg pflegt und unterstützt Roemer den seit 1878 laufenden Dauerversuch „Der Ewige Roggenbau“ in Halle, der bis heute besteht. Wegweisend für die technische Durchführung von Feldversuchen wurde seine erstmals 1920 veröffentlichte Schrift Der Feldversuch. Ein Wahlspruch Roemers lautete: „Ohne blühendes Versuchswesen keine blühende Landwirtschaft“. Seine Idee, eine enge Verbindung von Wissenschaft und Praxis durch die Gründung von Versuchsringen herzustellen, fand bei den Landwirten großen Widerhall. Zwischen 1922 und 1932 entstanden in Deutschland über 700 solcher Versuchsringe, die Düngungs-, Bodenbearbeitungs- und auch Sortenversuche durchführten. 1933 löste der Reichsnährstand diese Versuchsringe auf, doch nach 1945 lebte diese Idee in den landwirtschaftlichen Beratungsringen wieder auf.

Nach Machtübernahme durch die NSDAP erhält Roemer 1934 eine Rüge vom Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Auf Druck der Partei - und vermutlich auch, um einer Behinderung seiner wissenschaftlichen Arbeit entgegenzuwirken - wird er 1938 Mitglied der NSDAP. In dieser Zeit befördert Roemer die Züchtungsforschung und zahlreiche züchterische Projekte in enger Zusammenarbeit mit der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft (später Deutsche Forschungsgemeinschaft), u.a. 1935 die durch diese geförderte Deutsche Hindukusch-Expedition nach Ost-Afghanistan und Nord-West-Indien, an der selbst jedoch nicht teilnimmt.

1940 warnt Roemer - ansonsten wohl politisch eher zurückhaltend - in einem Schreiben an das Reichsernährungsministerium vor einem Krieg mit der Sowjetunion. Ab 1941 bearbeitet er für das besagte Ministerium dann aber Anbaupläne für die besetzten Gebiete Osteuropas. Vor Ende des Zweiten Weltkrieges kümmerte er sich um die Unterbringung von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten auf dem Versuchsgut Mösslitz bei Halle.

Nachdem im April 1945 amerikanische Truppen die Stadt Halle übernahmen, wurde Roemer zusammen mit sechs Mitarbeitern seines Institutes und weiteren sieben Angehörigen anderer landwirtschaftlicher Institute von den amerikanischen Besatzern nach Darmstadt gebracht und war später an der Landwirtschaftshochschule Hohenheim bei Stuttgart tätig. Roemer war jedoch der Einzige der Gruppe, der im September 1946 nach Halle heimkehren wollte. Seine Wiederberufung an die hallesche Universität erfolgte im Juli 1947. Bereits davor wurde sein vormaliges Institut für Pflanzenbau- und Pflanzenzüchtung in fünf Einzelinstitute zergliedert. Die Institute für Acker- und Pflanzenbau, Pflanzenzüchtung, Phytopathologie, Futterbau und Kulturtechnik. Roemer ist von 1947 bis zu seiner Emeritierung und Todesjahr 1951 Leiter des Instituts für Acker- und Pflanzenbau und erlangte mit den Arbeiten seines Instituts Anerkennung in der Resistenz- und Qualitätszüchtung von Getreide und Erbsen. Diese Forschungsarbeiten ehrend wurden nach ihm in Halle eine Straße und ein Forschungspreis benannt. Dessen Vergabe wurde 2019 im aufgrund der Bedenken zu der Verstrickung des Namensgebers im Nationalsozialismus beendet.